Paris Urlaub
Kaum eine andere europäische Großstadt hat innerhalb der vergangenen zwei Jahrhunderte so viele Bezeichnungen eingeheimst wie Paris: Stadt der Liebe, Stadt der Künste, Weltstadt der Mode, um nur einige zu nennen. Viel besungen, viel beschrieben, viel bereist – allein die „Eiserne Dame“, wie die Pariser den Tour Eiffel liebevoll nennen zieht Jahr für Jahr sechs Millionen Menschen in ihren Bann. Eigentlich sollte der Turm spätestens 20 Jahre nach der Weltausstellung 1889 wieder abgerissen werden. Ab dem Frühjahr 2012 ist die erste Plattform auf knapp 60 Metern Höhe übrigens erst einmal auf mindestens eineinhalb Jahre für Touristen gesperrt. Plattform und die Pavillons werden saniert, zudem soll - statt der Stahlplatten - ein Fußboden aus Glasplatten eingezogen werden, der für künftige, nicht schwindelfreie Besucher eine noch größere Mutprobe darstellen dürfte. Hinuntersehen auf die „Champs de Mars“, auf die Kathedrale „Notre Dame“ und die Île de la Cité, die Insel in der Seine, auf der im dritten Jahrhundert vor Christus die keltischen Parisii ihren Garten Eden gefunden und ihre Zelte aufgebaut hatten, kann man aber auch während der Umbauarbeiten. Im Jahre 52 vor Christus hatte ein Leutnant in Diensten von Kaiser Julius Cäsar das ab sofort Lutetia genannte Gebiet eingenommen, bis Julian Apostata die Flussinsel im Jahre 360 nach Christus in Parisia umbenannte. Vieles ist jedoch nicht mehr geblieben aus römischer Zeit. Das frühere Amphitheater „Les Arènes de Lutèce“ an der Rue de Navarre wurde restauriert und ist heute beliebter Treffpunkt für Boule-Spieler. Über Jahrhunderte blieb der Fleck danach ein kleines gallisches Dorf, erst nach der Revolution 1789 ging es mit Paris bergauf.
Heute leben im Großraum Paris zwölf Millionen Menschen, die zum größten Teil spätestens um 21 Uhr zu Bett gehen. Der Rest sucht sich für die Abend- und Nachtstunden „sein“ Viertel, um den einen oder anderen Pastis in einem der zahllosen Bistros zu trinken oder ein „Steak frites“ irgendwo in einem der über 10.000 traditionellen oder gerade angesagten Restaurants zu ordern. Oder geht ins Kino oder ins Theater, die nirgends auf der Welt einen so hohen Stellenwert genießen wie in Paris – über hundert Schauspielhäuser gibt es, dazu fast 700 Kinos. Natürlich kann ein jeder die statistisch meistbesuchten Highlights – vom Eiffelturm über den Arc de Triomphe zum Louvre und weiter zum Centre Pompidou - Stück für Stück „abhaken“. Schöner und erholsamer ist es jedoch, sich ganz gezielt ein Viertel oder eine Adresse vorzunehmen, um dann seine ganz persönliche Entdeckungstour zu beginnen.
Auch wenn Paris durchaus mal das Prädikat als „Weltstadt mit den unfreundlichsten Bewohnern“ bekommt – Charmeure und Flaneure, die das Savoir vivre beherrschen, also gelassen zu leben wissen, gibt es auch trotz aller Hektik und Betriebsamkeit nach wie vor. Wie auch die Plätze, die man in einer Stadt wie Paris gerne sehen möchte. In den Gassen der einzelnen Arrondissements, ebenso in den zahllosen Parks rund um und in der City wie auch in den immer noch zahlreichen traditionellen Bistros und Restaurants. Apropos: Wer mal wie ein Parisien ganz typisch essen gehen möchte, sollte in einer der neun noch im Original erhaltenen kulinarischen Erinnerungsstätten, den „Lieus de Mémoire“, einen Tisch reservieren; im „Lipp“ am Boulevard St Michel zum Beispiel oder im „Bofinger“ an der Rue de la Bastille. Nebenbei kann man gleichzeitig bei einem Bummel durchs Viertel noch ein bisschen vom Flair der Stadt vor hundert Jahren erhaschen. Überhaupt: Sich treiben zu lassen, gemütlich flanieren, ist der beste Weg, die Seine-Metropole Schritt für Schritt zu erkunden. Folgt man den ausgeschilderten Pfaden, zum Beispiel der „Traversée de Paris No.1“, die sich vom Osten über viele Kilometer durch Paris in den Westen schlängelt, so steht man unversehens in schönen Gassen oder immergrünen Parks, auf pittoresken Plätzen oder irgendwann auch am alles überragenden Eiffelturm.
Wen es nicht unbedingt Richtung Versailles, zum Invalidendom oder auf die Champs-Elysées zieht, der hat überall in Paris zu jeder Tages- und Nachtzeit die Qual der Wahl. So steht zum Beispiel im Stadtteil Belleville in der Rue Crespin-du-Gast 5 das Musée Edith Piaf, zwei Zimmer nur, dafür aber vollgestopft mit ihrer Garderobe, Briefen und Fotos, die an den berühmten „Spatz von Paris“ erinnern. Picasso-Fans werden in der Rue de Thorigny 5 fündig. Tausende Bilder und Zeichnungen sind dort in einem Gebäude aus dem 17. Jahrhundert ausgestellt. Musikliebhaber können zur Kirche Saint Vincent de Paul an der Rue Lafayette pilgern, in der Franz Liszt währen seiner Pariser Zeit Organist war, oder auf den Friedhof Père-Lachaise, auf dem neben Jim Morrison von den „Doors“, Chopin und Oscar Wilde auch die Piaf begraben liegt. Die ältesten Häuser der Stadt stehen übrigens im 3. Arrondissement in der Rue Volta 3 (13. Jahrhundert) und in der Rue de Montmorency 51 (1407). Gleich um die Ecke liegt das einstige Armenviertel Marais mit seiner wunderschönen Place de Vosges, heute eine der angesagtesten Viertel der Stadt. Auch hier ist wie in den anderen „Hochburgen“ der Gastro-Szene wie Montmartre, Bastille, Pigalle oder Quartier Latin, „sich treibenlassen“ empfehlenswert. Denn egal, in welchem Viertel der Stadt man sich gerade befindet: ça, c’est Paris – ein passendes Plätzchen zum Verweilen findet sich deshalb immer…